erschienen im Selber Tagblatt am 09.05.06
SELB – Trotz des strahlenden Sonnenscheins wurde am Sonntag bereits 1062 Menschen Blut abgenommen, die Zahl wird sich in den kommenden Wochen auf geschätzte 1500 erhöhen. Viele ließen sich nicht nur die fünf Milliliter Blut abzapfen, sondern beteiligten sich mit insgesamt 3185 Euro auch an der Spendenaktion, denn jede einzelne Typisierung kostet 50 Euro, die von den Krankenkassen nicht erstattet werden.
.Alle 45 Minuten erkrankt in Deutschland ein Mensch neu an Leukämie, einer bösartigen Erkrankung der weißen Blutkörperchen, die vom Knochenmark ausgeht. Für zahlreiche Patienten ist die Übertragung von Stammzellen die einzige Heilungsmöglichkeit.
Entscheidend für eine Übertragung von Stammzellen ist die Übereinstimmung von mindestens sechs der Gewebemerkmale zwischen Spender und Patient. Diese ist sehr selten, da über 2000 verschiedene Merkmale bekannt sind, die in Abermillionen Kombinationen auftreten können.
Deshalb zählte auch für die Aktion „Hilfe für Carolin, Helga und viele andere“ jeder Spender, weil es nur bei fünf Prozent der potentiellen Lebensspender innerhalb der nächsten zehn Jahre wirklich zu einer Stammzellenspende kommt.
Die Typisierungsaktion im Klinikum Fichtelgebirge Haus Selb sollte eigentlich um zehn Uhr vormittags beginnen, aber schon eine halbe Stunde vorher bildeten sich eine lange Schlange von Wartenden vor dem Krankenhaus (wir berichteten bereits).
Fred Jäger, Vater der 19-jährigen Carolin Jäger, zeigte sich begeistert über das Engagement potentiellen Knochenmarkspender und der zahlreichen Helfer. Allein neunzig Männer und Frauen meldeten sich im Voraus an, etliche mehr standen dann beispielsweise für das Ausfüllen der Einverständniserklärung tatsächlich zur Verfügung. In zwei Schichten organisierten achtzehn niedergelassene Ärzte aus der Region zusammen mit genauso vielen Helfern aus dem Krankenhaus die Blutabnahme.
Fred Jäger berichtete über die 600 angemeldeten Spender, die sich schon vorab in die ausgelegten Listen eingetragen hatten. Beispielsweise Claudia Götz, von Beruf Apothekerin, die schon lange plante, sich typisieren zu lassen. Nun opferte sie, zusammen mit einer Kollegin, ihren freien Sonntag, um so Helga Rupprecht und Carolin Jäger oder anderen Leukämiekranken helfen zu können.
Leider war es Carolin Jäger nicht möglich, zur Typisierungsaktion nach Selb zu kommen. Die Erlanger Klinikärzte rieten ihr aufgrund ihres, durch die Chemotherapie stark angegriffenen Immunsystems vom Verlassen des Krankenhauses ab.
Bruder Alexander Jäger unterstützte tatkräftig die Hilfsaktion, mit Freunden und Kollegen stellte er eine Tombola auf die Beine, deren Erlös dem Spendenkonto zu Gute kam.
Zusätzlich aufgestellte Spendenboxen erinnerten an die enormen Kosten der Typisierungsaktion, im Vorfeld gingen durch die zahlreichen Veranstaltungen von verschiedensten Institutionen schon über 33 000 Euro auf das Konto von „Hilfe für Carolin, Helga und viele andere“ ein. Oberbürgermeister Wolfgang Kreil schaute schon am frühen Sonntagvormittag im Krankenhaus vorbei und überzeugte sich vom reibungslosen Ablauf der Aktion.
Die Kantine des Krankenhauses Selb und beispielsweise die Bäckerei Stäsche aus Wildenau unterstützten die Aktion mit Kuchen, das Technische Hilfswerk baute ein Zelt auf und sorgte für frischen Kaffee.
Die DKMS, Deutsche Knochenmarkspenderdatei, die sich innerhalb weniger Jahre zur weltweit größten Stammzellspenderdatei mit über 1,3 Millionen potentiellen Lebensspendern entwickelt hat, freut sich, dass täglich vier bis fünf Spender mit ihren Stammzellen Leukämiepatienten eine neue Chance auf Leben geben.
ar
Wer am Sonntag keine Zeit hatte, sich typisieren zu lassen, kann das noch in den kommenden Wochen nachholen. Und zwar im Haus Selb des Klinikums Fichtelgebirge nach telefonischer Anmeldung unter 09287/ 971121 werktags von 9.30 bis 10 .30 Uhr und 14.30 bis 15.30 Uhr (außer mittwochs), sowie in den Praxen der Ärzte Dr. Friese, Dr. Tucman, Dr. Wellhöfer und Mathes. Auch hier ist eine telefonische Voranmeldung erforderlich.
FOTO: ANNEMARIE RIEDEL