erschienen SEITE 1 am 11.05.06
Grenzenlose Freude im Hause Jäger in Selb: Für die 19-jährige Carolin ist ein Stammzellenspender gefunden. Die junge, an Leukämie erkrankte Frau darf auf Heilung hoffen.
Die Suche nach einem Stammzellspender gleicht der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Entscheidend sind übereinstimmende Gewebemerkmale zwischen Spender und Patient, die in Abermillionen Kombinationen auftreten können.
In der Region hatte das Schicksal Carolin Jägers über 1000 Menschen veranlasst, sich mit einer Blutabnahme selbst in die Spenderdatenbanken aufnehmen zu lassen. Der genetische Zwilling Carolins war zwar nicht dabei – er ist in einer anderen Datenbank gefunden worden – aber die Chance für weitere Leukämiepatienten steigt mit jedem der potenziellen Spender.
erschienen DIE DRITTE SEITE am 11.05.06
VON MICHAEL GEITZ
SELB – Es war ein großer Schock für die gesamte Familie Jäger, als sie mit der Diagnose konfrontiert wurde, dass Carolin an Leukämie erkrankt ist. Eine Routineuntersuchung beim Hausarzt erbrachte den ersten Verdacht, der sich nach weiteren Untersuchungen im Selber Krankenhaus erhärtete. Am 21. Februar wurde die junge Frau nach Erlangen in eine Klinik eingeliefert, wo dann die endgültige Diagnose gestellt wurde.
Leukämie (Blutkrebs) ist eine bösartige Erkrankung der weißen Blutkörperchen, die vom Knochenmark – nicht Rückenmark – ausgeht. Für zahlreiche Patienten ist die Übertragung von Stammzellen die einzige He ilungsmöglichkeit. Weltweit gibt es inzwischen Dateien, in denen potenzielle Stammzellenspender registriert sind. Die größte Spenderdatei unterhält die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) mit 1,3 Millionen Spendern.
Mit deren Hilfe hat die Familie Jäger in den vergangenen Wochen eine große Hilfsaktion unter dem Motto „Hilfe für Carolin, Helga und viele andere“ gestartet. Die fand am vergangenen Sonntag ihren Höhepunkt in einer Typisierungsaktion im Haus Selb des Klinikums Fichtelgebirge, an der sich über 1000 Menschen aus der gesamten Region beteiligten (wir berichteten).
Wenn deren Blut untersucht sein wird – eine Untersuchung kostet 50 Euro – wächst die Chance für Leukämiekranke, ebenfalls einen Spender zu finden, wie es jetzt bei Carolin Jäger der Fall ist.
Die junge Frau befindet sich derzeit wieder in der Erlanger Klinik, wo sie sich in den vergangenen Wochen einer zweiten Chemotherapie unterziehen musste. Sie und mit ihr ihre Familie hofft, dass sie in den nächsten Tagen nach Hause zurückkehren kann, um sich weiter von der Therapie erholen zu können. Wann das genau sein wird, steht allerdings noch nicht fest.
Trotz aller Erleichterung darüber, dass nun ein Spender gefunden ist, Sorgen bleiben. Denn der 19-Jährigen stehen noch schwierige Tage und Wochen bevor. Ungefähr zwei Wochen vor der Transplantation muss sie wieder in die Klinik, und ihr blutbildendes System wird durch eine Chemotherapie und/oder Ganzkörperbestrahlung behandelt. Deren Ziel ist die vollständige Zerstörung aller kranken Zellen und die Unterdrückung des Abwehrsystems, um zu vermeiden, dass die übertragenen Stammzellen abgestoßen werden. Am Tag der Transplantation, auch „Tag null“ genannt, werden dem Patienten in einem keimfreien Transplantationszimmer die Stammzellen intravenös, wie bei einer Bluttransfusion, übertragen. In einer Broschüre der DKMS heißt es: „Diesen Tag feiern viele Patienten später wie ihren Geburtstag.“
Carolins Vater Fred Jäger sagte gestern, er sei froh, dass ein Spender für seine Tochter gefunden ist. Denn „sie hat einen großen Willen, auch das durchzustehen, was jetzt noch auf sie zukommt“. Und er werde auch in Zukunft die DKMS unterstützen. Der Fall seiner Tochter habe ihm gezeigt, wie wichtig es ist, möglichst viele potenzielle Spender in Dateien zu registrieren. Mit jedem Eintrag steige die Chance für einen an Leukämie erkrankten Menschen für die oftmals lebensnotwendige Stammzellenspende.
Der Einsatz der Familie Jäger und vieler Freunde und Helfer hat sich gelohnt. Denn nicht nur über 1000 Menschen haben sich am Sonntag typisieren lassen, die Summe auf dem Spendenkonto der DKMS ist inzwischen weiter angewachsen. Gestern betrug sie 49 118 Euro, womit sichergestellt sein dürfte, dass alle Blutspenden vom Sonntag auch untersucht werden können. Denn in den kommenden Tagen und Wochen stehen noch eine Reihe von Benefizveranstaltungen für die Aktion „Hilfe für Carolin und viele andere“ auf dem Programm.
Mit Hilfe der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) ging am Sonntag im Selber Krankenhaus eine große Typisierungsaktion über die Bühne. Allerdings dauert es mehrere Wochen, bis die Blutproben ausgewertet sind. Für Carolin fand sich unterdessen ein anderer Spender über die DKMS.
FOTO: GISELA KÖNIG