erschienen im Selber Tagblatt am 04.05.06
Was Carolin Jäger nicht mag ist Mitleid. Die 19-Jährige aus Erkersreuth hat akute Leukämie und braucht dringend eine Knochenmark- oder Stammzellenspende. Sie selbst sieht sich aber nicht leidend, sondern kämpfend.
SELB – In ihrem Kampf gegen den tückischen Blutkrebs ist Carolin Jäger aber nicht allein. Eine ganze Region setzt sich im Rahmen der Aktion „Hilfe für Carolin, Helga und viele andere“ für sie und die 65-jährige Helga Rupprecht, die zum zweiten Mal an Leukämie erkrankt ist, ein. Am Sonntag, 7. Mai, finden die bisherigen Hilfsaktionen ihren Höhepunkt: Von 10 bis 16 Uhr findet im Haus Selb des Klinikums Fichtelgebirge die große Typisierungsaktion statt.
Knapp 30 000 Euro sind bislang auf dem Spendenkonto der DKMS für die Aktion eingegangen (eine Typisierung kostet 50 Euro), 600 Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 55 Jahren haben sich für die Typisierung angemeldet.
Und das ist es auch, was Carolin Jäger so außerordentlich glücklich macht: „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl“, sagt Carolin am Telefon, „wenn man weiß, dass einem so viele Menschen helfen wollen.“
In einer Großstadt würde ihr Schicksal – und natürlich auch das von Helga Rupprecht – wohl kaum so viele Helfer mobilisieren. Früher habe sie oft über Selb geschimpft, weil eben doch recht wenig geboten sei, meint die 19-Jährige. Jetzt zeige sich aber, was die Gemeinschaft in einer kleineren Stadt wert ist.
Wenn es irgend geht, möchte Carolin am kommenden Sonntag zur Typisierungsaktion in ihrer Heimatstadt sein. Ob es klappt und ob ihr die Ärzte die Reise von Erlangen, wo sie in der Uniklinik behandelt wird, erlauben, ist noch nicht sicher. Nach der jüngsten Chemotherapie ist sie in der Immunphase: Ihr Körper hat sein komplettes Immunsystem eingebüßt. Die Leukozyten, also die Blutkörperchen, die für die Infektabwehr und das Immunsystem zuständig sind, bauen sich erst wieder auf.
Stur sei sie, sagt Carolin Jäger von sich selbst. Und das ist eine Charaktereigenschaft, die ihr im Moment nur nützlich sein kann.
Am 21. Februar hat Carolin erfahren, dass sie an akuter myeloischer Leukämie (AML) erkrankt ist. Diese Form der Leukämie geht mit schweren Symptomen einher und kann unbehandelt in wenigen Wochen oder Monaten zum Tode führen.
Noch am gleichen Tag bringen ihre Eltern Irmgard und Fred Jäger sie in die Uniklinik Erlangen, wo sie seitdem behandelt wird. Die Chemotherapie wird sofort begonnen. Eine Untersuchung ergibt, dass Carolins Bruder Alexander leider nicht als Spender in Frage kommt. Mitte März bekommt Carolin eine schwere Lungenentzündung, Schüttelfrost, Fieber und eine Muskelentzündung und muss daraufhin auf die Intensivstation verlegt werden.
Drei Wochen kämpft ihr Körper auch hier – und gewinnt vorerst. Ihre Eltern, die in dieser Zeit ohne Unterbrechung bei ihrer Tochter waren, und ihre Freunde stärken ihr den Rücken. Gerade ihre Eltern sind es auch, die alles tun, was in ihren Kräften steht, um ihrer Tochter zu helfen. „Sie haben keine Ahnung wie das ist, wenn Ihr Kind am Abgrund steht“, versucht die Mutter ihre Gefühle zu beschreiben. Und so kämpfen alle zusammen mit Carolin. Sie selbst gibt nicht auf, auch wenn sie weiß, dass sie dringend eine Knochenmark- oder Stammzellenspende braucht. Die Chancen, dass die Gewebemerkmale zweier Menschen übereinstimmen gleicht einer Suche nach einem genetischen Zwilling.
Vielleicht ist am Sonntag jemand dabei. ago
Für die Typisierungsaktion am Sonntag, 7. Mai, von 10 bis 16 Uhr im Klinikum Fichtelgebirge Haus Selb haben sich bereits über 100 freiwillige Helferinnen und Helfer zur Verfügung gestellt. Jeder Typisierungswillige (Entnahme von fünf Milliliter Blut) kann an der Aktion teilnehmen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind (Alter zwischen 18 und 55 Jahre und gute Gesundheit).
Die Teilnahme an der Typisierungsaktion ist nicht von einer Bezahlung der Kosten abhängig. Selbstverständlich kann auch am Tag der Aktion freiwillig gespendet werden.
Auch wer sich nicht angemeldet hat, kann sich am Sonntag Blut abnehmen lassen. Im Klinikum Fichtelgebirge Haus Selb ist am Sonntag, 7. Mai, die Cafeteria geöffnet und auch Mittagessen wird angeboten.
Sollte jemand am 7. Mai verhindert sein, besteht auch danach die Möglichkeit zur Blutspende in Selber Arztpraxen oder im Krankenhaus. Die Termine werden noch bekannt gegeben.
Nähere Informationen erteilt die Stadtverwaltung Selb, Hauptamt, Hans Wurzbacher, Telefon 09287/883-115, E-Mail: Hans.Wurzbacher@selb.de
Zur Deckung der Kosten der Typisierungsaktion werden auch weiterhin Spenden benötigt: Spendenkonto 200292860 der DKMS bei der Sparkasse Fichtelgebirge BLZ 78055050.